Sexsucht – Symptome und wahre Gefahren

Sexsucht – Symptome und wahre Gefahren
Es gibt wohl nur wenige Süchte, die uns vor allem in der Boulevardpresse so häufig begegnen. Fremdgehen, offen ausgelebte Lust oder einfach nur Sex an einem ungewöhnlichen Ort: Schnell wird in solchen Momenten der Begriff der Sexsucht hervorgeholt. Dabei muss nichts davon tatsächlich mit Hypersexualisierung zu tun haben. Ein aktives Sexleben ist keinesfalls ein Symptom der Sexsucht. Mit diesem und anderen Vorurteilen und Missverständnissen möchten wir nun aufräumen.

Wie entsteht Sexsucht?

Es ist fast unmöglich, den Beginn oder den Auslöser für Sexsucht genau festzulegen. Dafür gibt es einfach zu viele Faktoren. So kann es passieren, dass bereits in der Kindheit etwas geschehen ist, was dieses Suchtverhalten später auslöst. Aber ebenso spielen auch persönliche Erfahrungen, das eigene Umfeld und die Persönlichkeit und natürlich auch die Veranlagung eine Rolle.

Nichtsdestotrotz gibt es Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit, Sex als Sucht zu erleben, erhöhen. Dazu gehört vor allem sexueller Missbrauch in der Vergangenheit. Wer Opfer von Missbrauch war, der hat oft später ein absolut gestörtes Verhalten zum eigenen Körper und zur eigenen Lust. Es kann dann vorkommen, dass Hypersexualität auftritt.

Wir sind einfach überall von Sex umgeben

Ein weiterer Punkt, der diese spezielle Verhaltenssucht begünstigt ist, wir sind einfach überall von Sex umgeben. Pornos sind im Internet so zugänglich wie nie, ähnlich verhält es sich mit möglichen Partnern. Je einfacher der Zugang ist, umso schneller kann aus einer Sache, die eigentlich absolut in Ordnung ist, das richtige Maß weit überschritten werden.

Hier spielt auch die gestörte Impulskontrolle mit hinein. Wer es nicht gelernt hat oder aus anderen Gründen seine eigenen Impulse nicht kontrollieren kann, der wird auch mit Sex Probleme haben. Bei dieser Störung ist die Toleranz gegenüber unbefriedigten Bedürfnissen extrem niedrig.

Heute gibt es auch zahlreiche Studien, die belegen, dass Sucht, egal, ob Substanz- oder Verhaltenssucht, auch teils genetisch bedingt ist. Sexsucht ist jedoch teils schwierig zu erkennen und beginnt keineswegs auffällig.

Was genau ist Sexsucht?

Was genau ist Sexsucht?

Wie bei allen Süchten ist auch bei der Sexsucht der Prozess schleichend. Niemand wacht an einem Morgen auf und ordnet sein Leben komplett der eigenen sexuellen Befriedigung unter. Dabei ist genau dies das Kernelement zur Definition von Sexsucht: ein zwanghaftes oder krankhaftes Verhalten, in dem der Drang zum Sex unkontrollierbar wird. Viele Betroffene leiden darunter, da ein normaler Alltag nicht mehr möglich ist.
Am Anfang steht oft, dass Sex als Ventil oder als „Lückenfüller“ genutzt wird. Wenn das eigene Leben aus der Bahn gerät oder vielleicht nie wirklich gut lief, ist der Orgasmus eine Flucht aus der eigenen, wenig angenehmen Realität.

Das kurzzeitige Hochgefühl beim Höhepunkt

Dabei musst du hier nicht einmal an existentielle Krisen denken. Beim Versöhnungssex passiert eigentlich nichts anderes: Ihr streitet euch, es kracht so richtig und plötzlich schmeißt ihr nicht mit Tellern aufeinander, sondern euch gegenseitig die Kleider vom Leib. Was gelegentlich absolut gesund und vollkommen normal ist, kann aber, wenn es überhandnimmt, ein echtes Problem werden. Denn ein schwerwiegendes Problem wird vom kurzzeitigen Hochgefühl beim Höhepunkt verdrängt.

Sex als spontanes Heilmittel

Aber auch, wenn du allein bist, kann Sex als spontanes „Heilmittel“ zu viel werden. Wer sich beispielsweise regelmäßig selbstbefriedigt, um das eigene Gefühl der Einsamkeit zu übertünchen, der kann leicht in eine Sucht abrutschen. Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind, weiß niemand genau. Es gibt lediglich Schätzungen, diese gehen jedoch von mehreren Hundertausenden aus. Vermutet wird aber, dass mehr Männer darunter leiden als Frauen.

Nach Sex süchtig sein

Das klingt erst einmal fast wie eine witzige Sache oder sogar etwas, was du dir bei deinem etwas lustlosen Schatz wünschen würdest. Dabei ist diese Sucht absolut keine spaßige Angelegenheit.

Wie alle Verhaltenssüchte passiert diese im Kopf. Während Alkoholiker oder Drogensüchtige durch eingenommene Mittel einen Rausch erleben, passiert das bei der Sexsucht durch den eigenen Körper. Du weißt selbst (hoffentlich), wie großartig sich ein guter Orgasmus anfüllt. Menschen, die an Sexsucht leiden, suchen immer wieder nach diesem Belohnungsgefühl, nach dem Gefühl, sich gut zu fühlen, wenn das eigene Leben gerade wenig Glück bereithält. Doch wie bei Alkohol, der gesellschaftlich weitgehend nicht als potenzielle Droge, sondern als Genussmittel wahrgenommen wird, wird auch der gesteigerte Sexualdrang selten als Problem angesehen. Dabei ist es nicht immer leicht, Warnzeichen zu erkennen.

Symptome der Sexsucht

Symptome der Sexsucht

Sex fühlt sich gut an, keine Frage. Und gerade dieses gute Gefühl ist es, wonach du süchtig werden kannst. Gibt es nichts oder kaum etwas anderes, was dich glücklich macht oder dich kurzzeitig ausfüllt, kann es sein, dass dich ein Orgasmus durch ein emotionales Tief bringt. Sobald dies aber dein „go to“ ist, wann immer du dich unwohl fühlst, wird es brenzlig.

Bei Sex ist es, wie mit dem Alkohol

Ein Glas Wein hier und da oder ein Bier nach einem extra langen Tag macht dich nicht zu einem Alkoholiker. Aber wenn du jedes Mal, wenn du dich gestresst fühlst, zur Flasche greifst, hast du klar ein Problem. Und mit Sex verhält es sich ganz genauso. Falls du, wenn du dich unwohl fühlst, als erste Reaktion daran denkst: „Jetzt ein kurzes Schäferstündchen!“, könnte das ein erstes Warnzeichen sein.

Aber auch übermäßig häufiges Masturbieren oder Pornokonsum gar mehrere Stunden am Tag sind häufige Symptome. Viele (unerkannt) Betroffene haben außerdem auch häufig wechselnde Sexpartner und erleben außerdem oft auch, dass sie einfach nie wirklich befriedigt sind.

Welche Auswirkungen hat eine Sexsucht?

Wirklich spürbar wird der negative Einfluss einer Sucht dann, wenn dein Verlangen deinen Alltag beeinflusst oder schlimmer noch, behindert. Dabei reden wir jetzt nicht davon, dass du am Morgen mal zu spät aus dem Haus kommst, weil du mit deinem Schatz noch spontan Lust auf einen Quickie hast. Wir reden davon, dass eine Sexsucht so weit gehen kann, dass du sogar während des Arbeitstages eine Auszeit nehmen musst, um dich zu befriedigen. Auch, wenn du beispielsweise ohne Orgasmus nicht einschlafen kannst, ist das ein deutliches Signal, dass deine Sexualität in eine ungesunde Richtung gehen mag.

Wenn die Gedanken nur noch um Sex kreisen

Wir möchten betonen, dass häufige Lust auf Sex nichts Schlimmes ist – ganz im Gegenteil! Von einem Problem reden wir aber dann, wenn du das Interesse an anderen Aktivitäten verlierst und deine Gedanken nur noch um Sex kreisen. Das Kreisen der Gedanken kann auch im Verhalten zu Änderungen führen. Es kommt häufig vor, dass Betroffene Beziehungsprobleme wegen ihres überbordenden Sextriebs haben, aber auch depressive Stimmung, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Probleme mit dem eigenen Selbstwertgefühl und natürlich gesundheitliche Risiken bringt die Sexsucht unter Umständen mit sich.

Entzugserscheinungen bei Sexsucht

Wie bei allen Süchten kann es auch bei der Sexsucht zu Entzugserscheinungen kommen, diese sind aber naturgegeben eher psychischer Natur. Unruhe, leichte Reizbarkeit oder gar Aggression kann sich dann bei Betroffenen bemerkbar machen. Dies sind auch die Ursachen dafür, dass es vielen sehr schwerfällt, etwas an ihrem Verhalten zu ändern. Doch wer sich für eine Änderung entscheidet, der ist nicht auf sich allein gestellt.

Verhaltenstherapie bei Sexsucht

Verhaltenstherapie bei Sexsucht

Wie oben bereits erwähnt, ist ein „kalter Entzug“ bei der Sexsucht kaum möglich, denn die Abhängigkeit besteht eben nicht von einem bestimmten Stoff. Außerdem kann diese Sucht auch allein im Bett ausgelebt werden, ein Cold Turkey ist also einfach unmöglich. Ein weiterer großer Unterschied zu einer Substanzabhängigkeit ist außerdem, dass bei Verhaltenssüchten selten die Abstinenz das Ziel ist. Vielmehr müssen Betroffene lernen, Stresssituationen im eigenen Leben so zu meistern, dass neue Strategien zum Einsatz kommen.

Verhaltenstherapie kann Betroffenen helfen, neue Verhaltensmuster zu erlernen und auch die eigene Toleranz gegenüber Stress im Alltag oder Unzufriedenheit zu erhöhen. Wichtig ist aber, dass dieser Weg am besten mit professioneller Hilfe betreten werden sollte.

Solltest du feststellen, dass du dich wiedererkennst oder du vermutest, dass du Schwierigkeiten mit deinem Sextrieb haben könntest, möchten wir dir empfehlen, Profis zu kontaktieren. Pro Familia ist eine gute erste Anlaufstelle, aber auch ein Sexualtherapeut ist eine gute Option.